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Existiert Zeit?

Fragliche Bedeutung im Leben wie in der Philosophie

Die Idee von festen Zeiten insbesondere im Berufsleben sollte erheblich revidiert werden. Das betrifft gleichermaßen Schichtarbeit wie das Pensionsalter.

Gibt es aber überhaupt Zeit oder nicht? In kontroversen Büchern haben sich zwei Physiker/Philosophen, der Engländer Julian Barbour und der US-Amerikaner Lee Smolin, gleichsam die Fehde angesagt. Barbour vertrat 1999 die im Titel “The End of Time” zum Ausdruck kommende These, man könne eine Physik schaffen, die ohne Zeit auskommt. Smolin kam 2013 mit dem Titel “Time Reborn” auf den Markt, der Zeit zu einer fundamentalen Basis machen sollte.   

Wohl nicht zu Unrecht befand der Rezensent der New York Times, Alan Lightman, bald danach, dass Barbour fantasievoll und Smolin spekulativ sei. Beide Worte zielen in etwa auf dasselbe, wobei aber in persönlicher, jedoch moralisch gefärbter Einschätzung Fundamentalismus im Gegensatz zur Fantasie eher etwas durchaus Verwerfliches ist. Was steckt dahinter?  

Das Aufkommen des Konzepts von Zeit soll logisch begründet werden. Ganz egal wovon man ursprünglich ausgeht, bedeutet die Hinzunahme von Zeit zu den davor benutzten Größen eine neue Dimension. Was aber kann man sich darunter vorstellen bzw. wie muss man damit umgehen? Das Paradebeispiel dafür ist die Quadratur des Kreises, deren Unmöglichkeit mit logischen Mitteln von Ferdinand Lindemann 1882 bewiesen wurde. Den (mathematisch mit quadratischen Ausdrücken beschriebenen) Kreis aus logischen Bausteinen herleiten zu wollen, welche eine niedrigere Dimension (lineare) haben, ist unmöglich. Im Grunde entspricht diese Beweisart den entsprechenden Überlegungen von Immanuel Kant 1782, der zeigte, dass es keinen logischen Gottesbeweis geben kann.

Dieselben Überlegungen stecken im Grunde hinter dem eigenen Vorschlag, zur klassischen Mathematik eine neue fraktale Mathematik zu schaffen, welche statt von logisch konzipierten Teilchen als Trägern der Grundeinheiten nunmehr von Strukturen ausgeht. Im ersteren Fall ergeben sich Strukturen (gemeint sind physikalische Strukturen im Sinn von elektro-magnetischen Feldern, nicht etwa mathematische Strukturen mit ihrer allgemeineren Definition) als Grenzfall bzw. Grenzwert von logischen Ausdrücken, im umgekehrten Fall dagegen logische Zusammenhänge als entsprechende Grenzsituationen aus Strukturen. Dies wird als der wesentliche Kernpunkt von Dualismen angesehen.

Eine klare Formulierung einer solchen fraktalen Mathematik als Gegenstück zur Mathematik der Funktionen existiert nach vorliegendem Wissen bislang nur als fraktale Geometrie, aber noch nicht in vollständiger ausgearbeiteter Form. Doch ist auch so jetzt bereits klar, dass es auch keine aus klassischer Logik begründete rationale Theorie der Emergenz, populär Schöpfung genannt, geben kann, und dasselbe gilt natürlich für eine Apokalypse. Denn das würde die unmittelbare Erzeugung von physikalischen Strukturen aus Grundannahmen der klassischen Logik beinhalten, welche man aber nur als Grenzwert erhält.

Das Problem der Existenz von Zeit lässt sich dadurch entschärfen, dass wir Zeit und Existenz als ein duales Paar im bereits auf dieser Webseite gebrauchten Sinn verstehen, nicht nur wie in der mathemathischen Funktionsanalysis (siehe auch hier)..

© Copyright Hans J. Unsoeld, Berlin 2018

Updated May 10, 2018  

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