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Nicht nur Mythen oder Kompromisse

Konsistenz statt strenger Beweise

Wer vielleicht geringschätzig meint, der moderne Mittlere Weg sei nur einfach eine Anpassung des buddhistischen Vorbildes an westliche Verhältnisse oder aber gerade eine eher in Asien geeignete Bezeichnung für Kompromisse, dürfte eine ziemlich falsche Vorstellung von dem damit verbundenen erheblichen Paradigmenwechsel haben.  

Es ist eine heute nicht mehr akzeptierbare Vereinfachung, reale Lebenswege als dadurch festlegbar anzusehen, dass bestimmte Gefahren vermieden werden, so etwa die in der traditionellen buddhistischen Lehre genannten acht Grundübel oder jeweils zwei unumgehbare Gefahren wie Skylla und Charybdis auf zwei gegenüber liegenden Felsen in Homers Odyssee.

Doch wenn wir uns an dem jeweiligen Einfluss von erstaunlicher Weise ebenfalls acht Extrempositionen in einer an Feldtheorien erinnernden Art orientieren, die auf den ersten Blick viel komplizierter erscheint, tritt aber eine Vereinfachung ein, die sich in unserer immer komplexeren Welt sowohl als erwünscht als auch mit viel komplexeren Theorien kompatibel erweisen kann.

Diese Orientierung folgt also nicht einer Landkarte, sondern hat einen mehrdimensionalen Charakter, den wir als intuitiv bezeichnen können. Sie entspricht durchaus dem Trend moderner junger Leute, nicht einer festen Gebrauchsanweisung zu folgen, sondern “einfach zu probieren”. Nur zu gut wissen sie um die Fehler vieler Manuals von technischen Geräten und deren Probleme mit ungenügendem Updating.

Die meist noch unbewussten besagten acht Extrempositionen lassen sich als jeweils zwei ferne “Strukturen” auffassen, zwischen welchen sich vier Dimensionen sowohl des Lebens als auch der Natur und sogar ebenso von Kultur erstrecken. Wir können zwar nicht beweisen, dass es sich dabei um alles Leben, alle Natur und alle Kultur handelt, doch es gibt keine Beweise gegen diese Behauptung. Schon die Möglichkeit, das Leben, die Natur und Kulturen unter derart gemeinsamen Aspekten betrachten zu können, dürfte genügend verblüffend sein.

Dasselbe gilt für die Annahme, dass es sich um genau vier Dimensionen handelt. Diese ist zumindest sehr nahegelegt durch die vorherrschenden vierdimensionalen Methoden der Beschreibung moderner Naturwissenschaften. Es erscheint möglich, diese auch auf geisteswissenschaftliche Kategorien übertragen zu können. Dass der Mensch mit seinen vier Hauptkörperteilen ebenfalls eine entsprechende Zahl von grundlegenden Bereichen erfasst, dürfte kein Zufall sein, obwohl auch hier die strikte Notwendigkeit nicht bewiesen werden kann.

Im Rahmen von ARS-UNA wird vorzugsweise mit Konsistenzbetrachtungen, nicht mit strengen Beweisen gearbeitet. Das mag anfechtbar erscheinen, lässt sich aber sehr wohl rechtfertigen, wie bereits an anderer Stelle auseinander gesetzt wurde (Ebook “Übliche Grenzüberschreitungen”), und kann sogar zukunftsweisend sein.

© Hans J. Unsoeld, Berlin 2017

Oct. 27, 2017  

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