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Leben kann mehr sein

Kann kreative Philosophie weiterführen?

Wer hat nicht das Gefühl oder macht sich Gedanken, dass dem Leben in seiner jetzigen hiesigen Form etwas Entscheidendes fehlt. Doch was? Es fällt uns schwer, das zu benennen. Ist es nur ein unbedeutender Teil, der vielleicht zu Recht nicht sehr beachtet wird, oder doch etwas Wichtiges, vielleicht sogar Entscheidendes?

Derartige Sinnsuche ist gewiss nicht neu und hat in allzu vielen Fällen und Bereichen nur zu Frustration oder Enttäuschung geführt. Derartige oft nicht sehr ernst genommene Sucher beschäftigen sich nicht selten zunächst mit Religionen der jeweiligen lokalen Art, der nächste Schritt geht häufig zur Kunst, dann versuchen geistig unabhängig gewordene Humanisten und schließlich auch durchaus Naturwissenschaftler sich damit.

Schlussendlich siegte meist das Spezialistentum. Jede/r machte das, was am besten beherrscht wurde und Geld brachte. Mann versuchte sich so gut wie möglich einander zu ergänzen, was Teamarbeit heilig machte. Frauen blieben aber häufig außen vor.

Philosophie könnte nun versuchen, diesem Dilemma beizukommen mit einem Ansatz, der zuerst englisch synthetical genannt wurde und mit synthetisch sicher falsch übersetzt ist, denn er ist gewiss nicht synthetisch, sondern soll ganz im Gegenteil dazu derartige unnatürliche Entwicklung vermeiden. Besser als kreative Philosophie bezeichnet fanden sich zwar wenige Kritiker, doch vielleicht nicht ohne Grund auch nur wenige Befürworter. Auch mit deutlicher Abgrenzung gegen klassische Hochschul-Philosophie roch es wohl immer noch zu sehr nach rein geistiger Gymnastik im stillen Kämmerlein oder nach steriler Laborluft.

Warum wurde in der Philosophie bislang der Kopf so einseitig vor den anderen Körperteilen bevorzugt? Die Menschen bildeten sich wohl ein, sich durch diesen aufrecht getragenen Körperteil mit leicht erhöhtem Volumen besonders von den Tieren zu unterscheiden, die ihnen aber in vielen anderen Fähigkeiten weit überlegen waren und sind.



Ganzheitlich ist kein esoterisches Schimpfwort



Der Mensch kann guten Gewissens als ein ziemlich kompliziertes, besser aber als komplexes Wesen akzeptiert werden. Analytische Philosophie hat einzelne Anteile möglichst gut zu zerlegen versucht, damit aber verständlicher Weise keinen besseren Menschen geschaffen. Die Worte “gut” und “besser” sind unterdessen wegen schlechter Möglichkeiten zur Definition in Verruf geraten, auch wenn Gurus und der Papst sie weiterhin gern benutzen.

Neue Tendenzen in derartiger Philosophie versuchen, hier entscheidende Erweiterungen einzubringen, ohne aber bisherige Verdienste der bisweilen zu Geistesakrobatik ausartenden Analytik infrage stellen zu wollen. Eine offenere Einstellung zu dem als animalisch verpönten Anteil scheint erforderlich zu sein nicht nur in abstrakter Philosophie, sondern im gesamten Leben, welches aber eine als natürlich zu betrachtende Philosophie erfassen sollte. Leben und Philosophie könnten nicht nur eng aneinander gekoppelt, sondern sogar gleichsam miteinander verwoben sein.

Dem sich scheinbar rückwärts gewandt zunehmend animalisch stilisierenden Autor ist dieses besonders bei mehrjährigem Single-Leben in Asien deutlich geworden. Mehr und mehr schlichen sich in seine “Lebensphilosophie” außer Gedanken auch Gefühle und tägliche Fitness ein, Erfahrungen mit der Umwelt und auf Reisen, und mit der dortigen Sexualität und Machtstruktur.

Seit der Zeit der hoch gepriesenen klassischen griechischen Philosophie hat sich, weiter nördlich hinter wohl geheizten Wänden nicht so sehr spürbar, bei den Griechen längst einiges entscheidend geändert, vielleicht auch gerade in dieser Hinsicht und ganz praktisch. Sie sorgen zum Beispiel auf der abgelegenen und nicht sehr großen Insel Lesbos trotz schwierigster Umstände vorbildlich für tausende Flüchtlinge, von denen in manchen anderen Gebieten nicht einmal einige wenige erwünscht sind.

Kann Philosophie in solch einer Situation weiter helfen? Das lässt sich offensichtlich nicht über den Kopf erreichen. Sind Bewohner solcher manchmal herablassend als rückständig gesehener Gebiete noch “auf dem Niveau von Tieren”? Oder haben etwa die sogenannten hochzivilisierten Menschen weiter nördlich inzwischen ein so kannibalisches Verhältnis zu Tieren, dass sie sich vor allem nur noch für billiges Fleisch interessieren? Stimmt etwas mit ihrer bisherigen Philosophie nicht?



Tabuisiert Kultur Natur?


Kultur ist ein Begriff, der aus der Landwirtschaft stammt und eigentlich eng mit der Natur verbunden sein müsste. Doch das ging verloren, als jene Kultur einseitig anfing, mit der Macht zu paktieren und deshalb die Sexualität zu tabuisieren, damit die Arbeitsleistung der Untergebenen maximiert wird. Solche Fehlentwicklungen herauszufinden und zu reduzieren kann gewiss nicht eine reine Kopfarbeit sein und also auch nicht von analytischer Philosophie gelöst werden. An allererster Stelle dürfte stehen, gegen überholte und schädliche Tabuisierung vorzugehen, welche auch eine Basis der sträflich großen Ungleichverteilung von Einkommen sein mag.

Doch fast (!) alle Politiker, welche sich genauso von erweiterter moderner Philosophie leiten lassen könnten, tragen das Verbot, Tabus zu tangieren, in Form eines Penissymbols, Krawatte oder Schlips genannt, als einengendes Kleidungsstück um den Hals. Auf diese Art wird die Verbindung des rationalen Kopfs zu anderen Qualitäten und Freuden des Körpers, etwa gar auch sexuellen, vielleicht nicht nur symbolisch eingeschnürt und vom öffentlichen und vor allem vom politischen Leben abgeklemmt. Auch an den staatlich genehmigten Hochschulen wird nur Dünger für analytische Philosophie genehmigt, nicht aber für offensichtlich als suspekt angesehene derartige nicht im voraus definierbare und eingrenzbare kreative Philosophie.

Muss jetzt zunächst erklärt werden, was diese im nicht-animalischen Bereich ausmacht? Erfolgreich sind bereits digitaler Design, aber auch analoges Morphing und in Zukunft vermutlich stärker derartige Trennungen verwischende quantendynamische Ansätze. Im Moment mögen diese als rationales Bildungsproblem erscheinen und ausgegrenzt werden, aber ihrem Wesen nach sind sie zwar von Grenzen bestimmt, jedoch nicht an Grenzen gebunden. Wie kritisch dabei Sexualität und Macht sein können, wird wohl durch das Beharren an der Krawattenmode deutlich, die durchaus als paternalistisch und diskriminatorisch verstanden werden könnte.

Sollten wir zunächst fragen, wie es mit kreativer freier Meinungsäußerung steht? Alles perfekt in Deutschland? Lieber etwa zuerst im fernen Amerika beim Meinungen diskret verschwinden lassenden Rekombnations-Algorithmus der “künstlichen” Intelligenz von Twitter ansetzen? Sexualität und Macht werden dort nicht gerade transparent gesteuert.

© Alle Rechte bei Hans J. Unsoeld, Berlin 2020

Updated Febr. 19, 2020

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