top of page

Philosophie des Lebens

braucht Rekursion und teilweise durchlässige Grenzen

Eine Überschrift soll bereits eine Orientierung geben über den Inhalt und die Absicht eines Textes. Beides ist in diesem Fall Orientierung, und zwar voller scheinbarer Anmaßung sowohl über Philosophie als auch über Leben. Das kann nur rekursiv geschehen.

Orientierung kann nur aus bereits bestehender Orientierung erwachsen, und zwar entweder durch innere Umordnung oder durch Hinzunahme von außen. Das bedeutet die Notwendigkeit offener, also nicht völlig geschlossener Systeme. Teilweise durchlässige Grenzen und Rekursion sind also quasi a priori Grundannahmen, ohne welche keine Orientierung möglich ist.

Was ist jedoch Orientierung? Lange glaubten Menschen, sich von den Tieren grundsätzlich zu unterscheiden vor allem durch geistige Fähigkeiten und insbesondere die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Dies wird zunehmend infrage gestellt. Wenn Fragen infrage gestellt werden, deutet das bereits sprachlich erneut auf Rekursion hin. Außer den geistigen Fähigkeiten des Kopfes ergibt sich gleichsam selbstverständlich auch Orientierung aus den anderen Körperteilen nicht nur der Menschen, sondern aller Lebewesen.

Am menschlichen Beispiel können wir zusätzlich dem Oberleib Gefühle zuordnen, dem Unterleib Durchsetzung und den Extremitäten Aktivitäten. Durch deren Hinzunahme gehen wir vom geistigen Bereich zum übergeordneten Leben über, für welches nach diesem Beispiel vier Dimensionen angenommen werden könnten. Moderne Naturbeschreibung könnte ebenfalls mit vier Dimensionen auskommen, nämlich der Zeit und drei räumlichen, so dass 4D, also Vier-Dimensionalität, allgemeinere Bedeutung zu haben scheint, in Geistes- und in Naturwissenschaften.

Wenn aber wie in der Überschrift Philosophie zum Leben in Beziehung gesetzt wird, müsste also auch dafür 4D als Grundeigenschaft vorliegen, was deutlicher als bisher herauszustellen wäre. Eine solche Qualität ist nur dann akzeptabel, wenn sie unabhängig von der Art der Erfassung übereinstimmende Resultate bringt. Das wird Konsistenz genannt und entspricht der in vielen Bereichen des Lebens geforderten Kompatibilität. Die Erfassung kann eher logisch oder überwiegend ganzheitlich erfolgen, wodurch sich vor allem westliche und (fern-)östliche Kultur unterscheiden. Eine extrem logische Methode liefert die Mathematik insbesondere in ihrer naturbezogenen Ausprägung. Deren Vorgehen “orientiert” sich in fortschreitender Reihenfolge am Punkt, an Linien, an Flächen und an Körpern.

Doch auch die Orientierung selber müsste demnach 4D-Eigenschaften haben, die dieser Reihenfolge zugeordnet sind. Sie sucht, was an Fragen erinnert, ebenso in fortschreitender Reihenfolge Gesetze, Wachstum, Entfaltung und Komplexität. Wiederum muss Rekursion als grundlegendes Prinzip gelten. Das beinhaltet jedoch in besonders kritischer Art einen Ringschluss, der den Einfluss der Komplexität auf Gesetze betrifft. Deutlicher gefragt, wir müssen mit Fragen infrage stellen, wie sich Gesetze aus (möglicherweise zerfallenden) komplexen Verhältnissen bilden, was sowohl Entwicklung wie auch Eingrenzung erfordert.

Philosophie des Lebens möchte derartige Orientierung geben und muss sich also vielleicht sogar vorrangig mit Entwicklung und Grenzen befassen, was derzeit bei uns wichtige Punkte oder Felder sind. Diese beiden Ausdrücke unterscheiden aber wiederum zwischen logischen und ganzheitlichen Ansätzen, also im Prinzip eher europäischer oder fernöstlicher Art.

Nach dieser Vorrede können wir erst beginnen einzukreisen, was wir unter Philosophie und was unter Leben verstehen. Beides sind noch längst nicht von uns völlig erfasste Begriffe, Bereiche, Wechselwirkungen oder Ringschlüsse, die uns gewiss noch weithin und noch lange beschäftigen werden und somit nicht in einem Text erledigen lassen. Doch wir können dem näher kommen, wenn wir die Grundvoraussetzungen anerkennen und bekräftigen, nämlich Rekursion und transparente Grenzen.

© Hans J. Unsoeld, Berlin 2020

09.04.2020

bottom of page